Militärforschung
  Atomrüstung: Déjà vu im Mittelstreckenbereich
 

Atomrüstung: Déjà-vu im Mittelstreckenbereich

Gerhard Piper

22. Februar 2018


Raketensilo im Hauptgebäude der TU Berlin (Fake news).

Seit dreißig Jahren verbietet der Vertrag über Intermediate Range Nuclear Forces (INF-Treaty) ein atomares Wettrüsten im Mittelstreckenbereich in Europa. Die Vertragsunterzeichnung am 8. Dezember 1987 war das Ergebnis jahrelanger Auseinandersetzungen über die so genannte „NATO-Nachrüstung“ und die Gefahren eines amerikanischen Erstschlages oder eines begrenzten Atomkrieges auf Europa. Seit 2013 beschuldigt die US-Regierung die Regierung in Moskau, gegen diesen INF-Vertrag zu verstoßen. Das gesamte Vertragsregime zur atomaren Abrüstung bzw. Rüstungskontrolle steht derzeit auf der Kippe.

Der INF-Vertrag

Am 8. Dezember 1987 unterzeichneten der amerikanische Präsident Ronald Reagan und der sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow den Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (kurz: INF-Vertrag). Vierzig Jahre nach den Atombombenabwürfen gegen Hiroshima und Nagasaki war dies der erste „Abrüstungsvertrag“, der diesen Namen wirklich verdiente: Zum ersten Mal wurden alle atomaren Trägersysteme im Bereich der Intermediate Range Nuclear Forces (INF) zwischen den beiden damaligen „Supermächten“ eliminiert. Dies betraf alle landgestützten Flugkörper (Raketen und Marschflugkörper) mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern in Europa.

Auf Seiten der US-Streitkräfte mussten insgesamt 846 Mittelstreckenraketen vom Typ Martin Marietta MGM-31C Pershing IIXR und Marschflugkörper General Dynamics BGM-109G Griffon verschrottet werden, auf Seiten der Sowjetunion wurden 1.846 Raketen der Typen RSD-10 Pionier (NATO-Bezeichnung SS-20), uralte Raketen R-12 Dvina (NATO-Code: SS-4 Sandal) und R-14 Chusovaya (NATO-Code: SS-5 Skean) sowie Marschflugkörper RK-55 Relief (NATO-Code: SSC-X-4 Slingshot) abgewrackt. Die letzte Rakete wurde im Mai 1991 demontiert.

Mit den Mittelstreckensystemen wurden auch weitere Raketensysteme kürzerer Reichweite eliminiert. Auf Seiten der NATO waren dies die Raketen vom Typ Martin Marietta MGM-31A Pershing IA, auf Seiten des Warschauer Paktes die Raketen OTR-22 Temp-S (NATO-Code: SS-12 Scaleboard) und OTR-23 Oka (NATO-Code: SS-23 Spider).


Waffensystem Pershing IA der Bundesluftwaffe (Luftwaffenmuseum Berlin, 2017)

In der Bundesrepublik wurden die Atomstandorte Schwäbisch-Gmünd, Kornwestheim, Neckarsulm und Neu-Ulm (Pershing II) sowie Wüschheim (Griffon) geschlossen, in der DDR die Raketenstandorte Bischofswerda, Königbrück, Warden und Wokuhl (SS-12) sowie Jena Forst und Weißenfels (SS-23). Damit wurden die Atomarsenale in der BRD und der DDR deutlich reduziert.



Pershing 1A - Gefechtskopfsektion

Der Vertrag hatte enorme friedenspolitische Bedeutung, schließlich hatte die Raketenrüstung im Mittelstreckenbereich zu den beiden schärfsten Nuklearkrisen im Kalten Krieg geführt. Im Oktober 1962 stationierten die sowjetischen Streitkräfte Mittelstreckenraketen R-12 und R-14, Mittelstreckenbomber Iljuschin Il-28 Beagle und Kurzstreckenraketen Luna auf Kuba (Operation ANADYR).


Iljuschin Il-28 BEAGLE der DDR-Luftstreitkräfte (Luftwaffenmuseum Berlin, 2017)

Daraufhin versetzte US-Präsident John F. Kennedy seine Atomstreitkräfte in erhöhte Gefechtsbereitschaft, verhängte eine Seeblockade gegen Kuba und fordert einen vollständigen Abzug der sowjetischen Atomwaffen aus der Karibik. Dreizehn Tage standen sich die Supermächte bedrohlich gegenüber. Schließlich gab der sowjetische Regierungschef Nikita Sergejewitsch Chruschtschow nach und der Konflikt wurde beigelegt. Monate später zog die US-Regierung ihre Atomraketen Douglas PGM-17 Thor und Chrysler PGM-19 Jupiter aus der Türkei ab. (1)


Pershing 1A: Fire Control Console außen am Startfahrzeug.

In der Nacht vom 8. auf den 9. November 1983 führte das atomare Wettrüsten erneut an den Rand eines Nuklearkrieges, als die NATO ihre Stabrahmenübung ABLE ARCHER durchführte drohte ein „Atomkrieg aus Irrtum“. (2) Aufgrund der aggressiven Kriegsrhetorik der dekadenten Reagan-Regierung rechneten die sowjetischen Nachrichtendienste KGB und GRU damals damit, dass ein amerikanischer Erstschlag unmittelbar bevorstehen könnte und starteten eine umfassende Aufklärungsoperation (Operation RAKETNO-JADERNOJE NAPADENIJE – RYAN). (3) Außerdem wurden die sowjetischen Atomstreitkräfte im Nordmeer, in der DDR, in Polen und z. T. auch in der UdSSR in Gefechtsbereitschaft versetzt. In den Jahren zuvor hatten bereits Millionen Menschen in der Friedensbewegung gegen die so genannten „NATO-Nachrüstung“ demonstriert und vor der Gefahr eines begrenzten Atomkrieges in Europa gewarnt; dafür waren sie von den herrschenden Christ- und Sozialdemokraten und ihrer hochverräterischen Politik massiv bekämpft worden.

Das zur Verifizierung der Einhaltung der Vertragsbestimmungen beschlossene Inspektionsregime endete erst zehn Jahre später, am 31. Mai 2001. Zur Überwachung des INF-Abkommens wurde eine multilaterale Special Verification Commission (SVC) gemäß Artikel III eingerichtet. Deren letztes Treffen fand im November 2017 statt. (4) Um die Nachhaltigkeit der Vertragsbestimmungen zu dokumentieren, wurde in Artikel VI die Entwicklung neuartiger INF-Systeme von vornherein verboten:

„Vom Inkrafttreten dieses Vertrages an wird keine der beiden Vertragsparteien
a) Flugkörper mittlerer Reichweite herstellen oder im Flug erproben oder Stufen solcher Flugkörper oder Abschussvorrichtungen für solche Flugkörper herstellen oder
b) Flugkörper kürzerer Reichweite herstellen, im Flug erproben oder starten oder Stufen solcher Flugkörper oder Abschussvorrichtungen für solche Flugkörper herstellen.“ (5)

Der Vertrag wurde „auf unbegrenzte Zeit geschlossen“ (Artikel XV, Abs. 1). Allerdings reservierten sich beide Seiten in Artikel XV Abs. 2 zugleich das Recht, sich vom Vertrag zurückzuziehen:

„Jede Vertragspartei ist in Ausübung ihrer staatlichen Souveränität berechtigt, von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn sie entscheidet, dass durch außergewöhnliche, mit dem Inhalt dieses Vertrages zusammenhängende Ereignisse eine Gefährdung ihrer höchsten Interessen eingetreten ist. Sie teilt ihre Rücktrittsentscheidung der anderen Vertragspartei sechs Monate vor dem Rücktritt vom Vertrag mit. Diese Mitteilung hat eine Darlegung der außergewöhnlichen Ereignisse zu enthalten, durch die nach Ansicht der die Mitteilung machenden Vertragspartei eine Gefährdung ihrer höchsten Interessen eingetreten ist.“ (6)
 

Nach der Auflösung der Sowjetunion wurden elf ehemalige Sowjetrepubliken (Russland, Weißrussland, Ukraine, Kasachstan etc.) in den INF-Vertrag einbezogen.


Trotz seines abrüstungspolitischen Erfolges hat der Vertrag strukturelle Schwächen: Als bilaterales Abkommen erstreckt er sich nur auf die beiden beteiligten Supermächte. Andere Länder wie China, Indien und Pakistan unterliegen nicht den Vertragsbestimmungen und sie zeigen keinerlei Ambitionen, dem INF-Vertrag beizutreten. Während das US-Territorium durch Pazifik und Atlantik vor Angriffen mit landgestützten Mittelstreckenraketen weitestgehend geschützt ist, ist hier Russland als euroasiatischer Flächenstaat mit zahlreichen atomar gerüsteten Nachbarländern um so mehr bedroht und fühlt sich durch den INF-Vertrag heute benachteiligt.

Außerdem bezieht sich der INF-Vertrag nur auf die landgestützten Waffensysteme; luft- oder seegestützte Flugkörper wurden nicht erfasst. Damit ergibt sich die Möglichkeit, den Vertrag durch entsprechende Rüstungsprojekte in diesem Bereich zu unterlaufen. Allerdings liegt hierin auch eine Stärke des Vertrages: Angesichts des weiten Spektrums an potentiellen Trägersystemen ist der militärische Einsatzwert landgestützter Mittelstreckenraketen für Russland und die Vereinigten Staaten begrenzt. Somit besteht eigentlich wenig Anreiz, den INF-Vertrag zu kündigen, um ebensolche Systeme zu entwickeln. Beide Seiten verfügen über genügend andere Systeme, von denen atomar bestückte Mittelstreckenraketen abgefeuert werden könnten. Eine Veränderung des strategischen Gleichgewichts zwischen den Vereinigten Staaten und Russland würde durch diese Waffen jedenfalls nicht erzeugt. Konkret zu prüfen wäre dann, welche Auswirkungen ein Verstoß oder Kündigung des INF-Vertrages für NATO-Europa hat. (7)

Russische (Vor-)Rüstungspläne

In den letzten Jahren gab es wiederholt Anzeichen dafür, dass die russische Regierung unter Wladimir Putin dieses effiziente Rüstungskontrollabkommen aufkündigen will. So behauptete der russischen Präsident bereits am 10. Februar 2007, der INF-Vertrag diene nicht länger den nationalen Interessen. Und im Sommer 2007 erklärte der damalige Kommandeur der Raketenstreitkräfte, Generaloberst Vladimir Zaritsky, es gäbe eine „operativ-taktische Lücke“, die sich für Russland aus dem INF-Vertrag ergeben hätte. Diese solle durch eine Weiterentwicklung der „Iskander“-Rakete geschlossen werden. (8)

Im Jahr 2008 stellten die US-Nachrichtendienste erstmals fest, dass die russische Regierung an einem Mittelstreckenmarschflugkörper arbeitete. Seit der russischen Aggression gegenüber der Ukraine im Sommer 2014 hat die US-Regierung mehrfach die Regierung im Kreml bezichtigt, gegen das INF-Abkommen verstoßen zu haben. Am 28. Juli 2014 schickte US-Präsident Barack Obama einen entsprechenden, vertraulichen Brief an Wladimir Putin. Kurz nach seinem Amtsantritt erklärte der neue US-Präsident Donald Trump am 24. Februar 2017, ein Verstoß gegen das INF-Abkommen sei für ihn „a big deal“. (9)

Dazu erklärte der stellvertretende US-Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium Brain P. Mckeon (Principal Deputy Under Secretary Of Defense For Policy) am 1. Dezember 2015:

“Our determination on the INF Treaty violation has not changed since we first announced the violation in July 2014. There has been some speculation about what missile the United States is referring to and whether we have mistaken its testing for a treaty-compliant sea-based cruise missile. The evidence is conclusive. Russia has tested this ground-based system well into the ranges covered by the INF Treaty. We are talking about a real system and not a potential capability. Since determining that Russia is in violation of its INF Treaty obligations, our objective has been to preserve the viability of the INF Treaty by convincing Russia to come back into compliance with those obligations. (…)

The Joint Staff conducted a military assessment of the threat posed by Russia if it were to deploy an INF Treaty-prohibited ground-launched cruise missile in Europe or the Asia-Pacific region. The assessment tells us that the deployment of such a system by the Russian Federation would increase the risk to our allies and an indirect threat to the United States.... the Administration determined that we needed to consider Russian actions with regard to the INF Treaty in the context of its overall aggressive and bellicose behavior that flouts international legal norms and destabilizes the European security order. Russia is not violating the INF Treaty in isolation from its overall aggressive behavior." (10)


Das US-Außenministerium erfasste die russischen Vertragsverstöße seit Juli 2014 in ihren jährlichen „Compliance“-Berichten.
So hieß es im April 2017 (Seite 11ff):


“The United States has determined that in 2016, the Russian Federation (Russia) continued to be in violation of its obligations under the INF Treaty not to possess, produce, or flight-test a ground-launched cruise missile (GLCM) with a range capability of 500 kilometers to 5,500 kilometers, or to possess or produce launchers of such missiles. (…)

Since 2013, the United States has raised its concerns regarding Russian development of a GLCM with a range capability between 500 and 5,500 kilometers with Russia on repeated occasions and at various levels and departments within the Russian Government in an effort to resolve U.S. concerns.  The priority of the United States is for Russia to return to compliance to ensure the continued viability of the INF Treaty, and we continue to engage the Russian Government to resolve our concerns.” (11)
 

- 9K720 Iskander (NATO-Code: SS-26 Stone-A)

Im Juli 2014 machte das US-Außenministerium erstmals öffentlich, dass die russischen Streitkräfte mehrfach Mittelstreckenraketen getestet und damit gegen den Vertrag verstoßen. Um welchen Typ eines bodengestützten Marschflugkörpers es sich gehandelt habe, wurde zunächst nicht offiziell bekanntgegeben. Medienberichten zufolge handelte es sich um eine Modernisierung des Systems Iskander (NATO-Code: SS-26 Stone).

Ursprünglich war die Iskander ein operativ-taktisches Kurzstreckenraketensystem mit einer Reichweite von „nur“ 415 km. Das Waffensystem wurde ab 1987 vom Konstruktionsbüro KBM Kolomna in Udmurt entwickelt. Der Erststart der Rakete erfolgte 1996. Die Standardversion wurde 2005/06 in Dienst gestellt. Hersteller der Rakete ist die Maschinenfabrik in Votkinsk. Bei einer Länge von 7,28 m und einen Durchmesser von 1.500 mm hat die 9K720 eine Masse von 4.615 kg. Der Gefechtskopf hat eine Masse von ca. 800 kg. Die Rakete erreicht eine Geschwindigkeit von 7,8 Mach. (= 2.600 m/s). Die Mindestschussreichweite beträgt 50 km. Die Steuerung erfolgt durch eine interne Trägheitsplattform in Verbindung mit dem GLONASS-Navigationssatellitensystem. So wird eine Treffgenauigkeit von 30 bis 70 m erzielt. (12)

Als Werferfahrzeug und Nachschubfahrzeug werden geländegängige Astrolog MZKT-7930 (8 x 8 ) eingesetzt, die auch unter der Typenbezeichnung „9P78“ bekannt sind und bei den Automobilwerken in Minsk und bei „Titan“ in Wolgograd produziert werden. Jedes Fahrzeug ist mit zwei Raketen bestückt. Die Rakete ist innerhalb von sechzehn bis zwanzig Minuten feuerbereit, innerhalb von 40 Sekunden nach dem Start der ersten Rakete kann die zweite abgefeuert werden. Für den Nachschub steht ein Transport- und Ladefahrzeug 9T250 mit Ladekran und zwei Flugkörpern zur Verfügung. Hinzu kommen vier weitere Fahrzeuge auf Basis des Lastwagens KamAZ-43101 (6 x 6), darunter ein Kommandofahrzeug 9S552, ein Fahrzeug 9S920 zur Informationsverarbeitung und Navigation, ein Wartungsfahrzeug zum Test der Raketen und ein Versorgungsfahrzeug.

Mindestens drei Iskander wurden erstmals im Georgienkrieg 2008 gegen Gori, Poti und Supsa eingesetzt. Dabei wurde ein niederländischer Kriegsberichterstatter getötet. Außerdem dislozierten die russischen Expeditionsstreitkräfte mindestens zwei Raketen im März 2016 in Humavmin bei Latakia (Syrien).

Es gibt mittlerweile mehrere Modernisierungen und Weiterentwicklungen mit größerer Reichweite. Die technischen Informationen über die einzelnen Versionen und Varianten sind lückenhaft, außerdem ist nicht immer klar, welche Komponente welchen russischen Namen trägt, so dass es hier zu falschen Zuordnungen und Fehlinterpretationen kommen kann. Hinzu kommen scheinbar oder tatsächlich widersprüchliche Angaben aus den verschiedensten Quellen, die eine genaue Bewertung erschweren.

Neben dem ursprünglichen Kurzstreckenraketensystem Iskander gibt es auch die weiterreichenden Versionen Iskander-K und Iskander-M (plus eine Exportversion Iskander-E mit Raketen 9M723E mit einer reduzierten Reichweite von 280 km und einem verringerten Gefechtskopfgewicht von 480 kg, die von der NATO als SS-26 Stone-B bezeichnet wird). Eine maritime Variante, Iskander-CDM, wurde 2005 vorgestellt aber nicht verwirklicht.

Für diese verschiedenen Systeme stehen verschiedene Flugkörpermuster zur Auswahl, darunter mindestens zwei Varianten als Marschflugkörper. Die verschiedenen Flugkörper unterscheiden sich durch ihre Abmessungen, technischen Leistungsparameter, Antriebsart, Steuerung oder die Wahl des Gefechtskopfes: 9K720, 9K720E, 9K722, 9M723, 9M723-1, 9M723-1F, 9M723-1F2, 9M723-1F2TI, 9M723-1K, 9M723-1K5, 9M723-1K5TI, 9M723-1P, 9M723E, 9M723K, 9М723К-E, 9M723K1, 9M723K2, 9M723K3, 9M723K4, 9M723K5, 9M723P, 9M723TL, 9M728, 9M729, 9M2014 etc.. Es dürfte nur eine Handvoll Experten geben, die die einzelnen Raketentypen identifizieren und voneinander unterscheiden können.

Im Oktober 2017 verfügten die russischen Streitkräfte über insgesamt elf Raketenbrigaden mit jeweils zwölf Startfahrzeugen. Es ist nicht klar, ob mittlerweile alle Iskander-Systeme durch die modernere Iskander-M-Version ersetzt wurden.

- 9M723 Iskander-M

Eine modifizierte Version ist das Flugkörpersystem Iskander-M, das von KBM Kolomna entwickelt und 2006 bei den russischen Streitkräften eingeführt wurde. Die Rakete hat bei einer Länge von 7,2 m einen Durchmesser von 0,95 m. (13) Die Reichweite soll 480 km erreichen. Dabei hängt die faktische Reichweite vom Gewicht des mitgeführten Sprengkopfes ab – je leichter desto weiter. Manche Autoren befürchten, dass die Reichweite der Rakete möglicherweise die 500-km-Marke überschreitet und damit unter das INF-Verbot fällt, allerdings ist der Vorwurf bis heute nicht abschließend geklärt.

Für die Raketen 9M723 steht eine Auswahl an Gefechtsköpfen zur Verfügung: Splittergefechtskopf, Streumunition, Panzerminen, FAE-Brandbombe (FAE = Fuel Air Explosive), Penetrationsgefechtskopf gegen verbunkerte Punktziele, Atomgefechtskopf AA-86 mit einer variablen Sprengkraft von 5 bis 50 kt. Atomgefechtskopf AA-92 mit einer variablen Sprengkraft von 100 bis 200 kt, EMP-Sprengsatz (EMP= Elektromagnetischer Impuls). Die Raketen vom Typ 9M723T sind mit einem Endphasen-Lenksystem 9E436 mit einem Sensor zum Gelände-Kontur-Abgleich ausgestattet, damit lässt sich die Zielgenauigkeit auf 7 bis 10 m verbessern. Bei der Version Iskander-K können statt Raketen vom Typ 9M723 auch Marschflugkörper vom Typ 9M720 verschossen werden.

Das Raketensystem Iskander-M ist seit Dezember 2014 auch in Pavenkovo in der Exklave Kaliningrad an der Grenze zu Polen stationiert. (14) Im Oktober 2016 wurden die Stellungen anscheinend weiter ausgebaut. (15) Spätestens seit Anfang 2018 sind die Iskander-Raketen bei Kaliningrad auch mit Atomsprengköpfen ausgerüstet. (16) Aufgrund der Raketenreichweite können damit – aus dem Stand – auch Ziele in der BRD getroffen werden. So beträgt die Entfernung Kaliningrad-Berlin 528 km.

Seit Dezember 2015 ist die Iskander-M auch bei der 26. Raketenbrigade in Ust-Luga bei Sankt Petersburg stationiert, wo die Startlafetten in pneumatischen Sheltern untergebracht wurden. (17) Außerdem wurde der Flugkörper im Dezember 2016 bei der 152. Garde-Raketenbrigade der Baltischen Rotbannerflotte in Tschernjachowsk (vormals Insterburg) bei Kaliningrad eingeführt, wo er ebenfalls in pneumatischen Zelthangars untergestellt ist. (18)

- 9M728 Iskander-K (NATO-Code: SSC-7 oder SS-26 Stone-C)

„K“ ist die Abkürzung für „Krylataya“ und bedeutet „beflügelt“. Damit sind die Flugkörpervarianten gemeint, bei denen es sich nicht um Raketen sondern um Marschflugkörper handelt. Die Treffgenauigkeit beträgt 30 Meter. Der 9M728 (andere Bezeichnung: R-500) wurde von OKB Novator entwickelt und erreicht eine Reichweite von 500 km und eine Flughöhe von 6.000 Metern. Er fällt damit soeben unter das INF-Verbot. Dieser Flugkörper kann auch mit dem System Iskander-M verschossen werden. Die Rakete wurde ab dem 29. Mai 2007 erprobt und ab 2009 bei den Streitkräften eingeführt. (19) Trotz des INF-Verstoßes spielt der Flugkörper in der amerikanisch-russischen Kontroverse z. Zt. nur eine untergeordnete Rolle.

- 9M729 Iskander-K (NATO-Code SSC-8)

Am 8. März 2017 gab der stellvertretende US-Generalstabschef, General Paul Selva, in einer Kongressanhörung bekannt, dass Russland den Vertrag gebrochen habe:

“We believe that the Russians have deployed a land-based cruise missile that violates the spirit and intent of the Intermediate Nuclear Forces Treaty. (…) The system itself presents a risk to most of our facilities in Europe. (…) And we believe that the Russians have deliberately deployed it in order to pose a threat to NATO and to facilities within the NATO area of responsibility.” (20)

So hätten die russischen Streitkräfte ein neues Mittelstreckensystem vom Typ SSC-8 entwickelt. Zu diesem System gehört der Flugkörper 9M729 vom Hersteller OKB Novator unter Leitung von Paul Kamneva in Jekatarinenburg. Bei der SSC-8 handelt es sich um eine modifizierte, reichweitengesteigerte Version der „Iskander“. Die Reichweite des Marschflugkörpers betrage zwischen 480 und 2.600 km (21), eventuell sogar 5.470 Kilometer. Es handele sich um eine landgestützte Ableitung des maritimen Marschflugkörpers 3M14 Caliber (NATO-Code: SS-N-30). Die SSC-8 werde mobil von Schwerlast-Lkw aus abgefeuert. Eine Batterie besteht aus einem mobilen Startfahrzeug und insgesamt vier bis sechs Marschflugkörpern, die in Behältern auf Lastwagen lagern. Jedes Bataillon verfügt über insgesamt vier Batterien.

Die Entwicklung des neuen Marschflugkörpers soll spätestens 2008 begonnen haben, der Erstflug des Prototypen SSC-X-8 fand angeblich am 2. September 2015 statt. (22) Bereits zwei Bataillone seien mittlerweile mit dem neuen System ausgerüstet, davon befände sich eine Einheit seit Dezember 2016 beim 630. Raketenverband in Kapustin Jar. Eine zweite Einheit wurde Ende 2017 (mehrfach) verlegt. Zwar erlaubt das INF-Abkommen - in begrenztem Umfang – Waffentests, aber mit der Einführung der SSC-8 hat die russische Regierung gegen das INF-Abkommen verstoßen.

Allerdings ist eine SSC-8-Startbatterie nur schwer von einer herkömmlichen „Iskander“-Startbatterie zu unterscheiden. Weil eine SSC-8 mehr Treibstoff braucht als eine Kurzstreckenrakete, hat sie eine etwas größere Antriebsstufe und ist dadurch länger. Der Nachweis, welcher Typ der Rakete gerade transportiert wird, ist mit den üblichen Mitteln der Rüstungskontrolle, etwa Satellitenaufnahmen, gleichwohl kaum zu führen. (23) Seitdem die US-Regierung die Entwicklung der SSC-8 zum ersten Mal 2013 moniert hatte, konnte oder wollte sie keine nennenswerten Beweise für einen Vertragsverstoß vorlegen.

- RS-26 Rubesch

Seit mehreren Jahren entwickeln die russischen Streitkräfte eine neue Rakete, deren Charakteristika und Status nach wie vor unklar ist. Es handelt sich um die RS-26 Rubesch (NATO-Code: SS-X-31 Avangard). Seit dem 27. September 2011 fanden ein halbes Dutzend Tests der Prototypen in Plesetzk und auf dem Poligon-Testgelände in Kapustin Jar statt. Möglicherweise handelt es sich bei diesen Prototypen nur um eine zweistufige Ableitung der neuen dreistufigen Interkontinentalrakete RS-24 Jars, die bereits am 29. Mai 2007 ihren Erstflug absolvierte. Eigentlich war eine Einführung der Rubesch bereits für Dezember 2014 angekündigt worden, dann für 2016; sie steht aber immer noch aus. Möglicherweise dienten die Tests in Kapustin Jar nicht der Entwicklung einer neuen Rakete, sondern nur der Konstruktion neuer Wiedereintrittskörper zur Überwindung des geplanten US-Raketenabwehrsystems. Hier muss man abwarten, ob die RS-26 bis zur Serienreife ausentwickelt wird und ob der Flugkörper dann zu den Interkontinental- oder den Mittelstreckenraketen zugerechnet werden muss. (24)

Amerikanische Nachrüstungspläne

Das russische Außenministerium wies die amerikanische Kritik an den INF-Vertragsverstößen zurück und beschuldigte im September 2014 ihrerseits die Gegenseite des mehrfachen Vertragsbruchs:

"We have accumulated a considerable amount of complaints to [be addressed to] the US in the framework of the treaty. In particular, on target missile defense tests similar in characteristics to the short- and intermediate-range missiles and the manufacturing of armed drones, which meet the treaty's definition of ground-launched cruise missiles.” (25)


- Unter dem Vorwand Zielraketen für Abfangversuche ihres Raketenabwehrsystems zu benötigen, hätte die US-Regierung neue Mittelstreckenraketen entwickelt.

- Außerdem hätten die US-Streitkräfte weitreichende Angriffsdrohnen entwickelt, die wie Marschflugkörpern zu betrachten seien, das sie sich von diesen nur durch eine andere Antriebstechnik unterschieden.

- Außerdem habe die US-Marine eine landgestützte Version ihres AEGIS-Systems mit den Flugkörperstartgeräten Mk 41 Vertical Launching System (VLS) entwickelt. Diese ist seit 2015 in Deveselu (Rumänien) stationiert und soll ab 2018 auch in Redzikovo (Polen) disloziert werden. (26) Eigentlich sind die Abschusskanister für die Anti-Raketen-Raketen Raytheon RIM-161 Standard Missile SM-3 Block 1B/IIA vorgesehen, aber – nach russischen Angaben – könnten aus diesen Rohren – aufgrund der ähnlichen äußeren Abmessungen - auch Marschflugkörper vom Typ Raytheon RGM-109 Tomahawk abgefeuert werden. Jeweils 24 Kanister sind zu einer Abschussbox zusammengefasst. Das System ist auch unter der Bezeichnung „AEGIS Ashore“ bekannt.

- Angesichts der russischen Rüstungsanstrengungen hat der amerikanische Kongress inzwischen Gegenreaktionen gefordert. Es solle innerhalb eines Jahres ein eigener landgestützter, mobiler, konventioneller oder nuklearwaffenfähiger Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 5.500 Kilometern entwickelt und erprobt werden. Anschließend sei beabsichtigt, das System „zum Schutz der Nato-Verbündeten“ in Europa zu stationieren. Sollte das in Westeuropa nicht möglich sein, müsse, so heißt es in Washington, ein Aufbau der Raketen in Osteuropa erwogen werden. (27) Bis April 2018 soll Verteidigungsminister General a. D. James Mattis eine Machbarkeitsstudie vorlegen. Für die Entwicklungsarbeiten wurden zunächst „nur“ 25 Millionen Dollar in der aktuellen Haushaltsplanung bewilligt. (28)

- Außerdem soll der vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama angeordnete Verzicht der USA auf seegestützte nukleare Marschflugkörper (SLCM) überdacht und die erneute Stationierung solcher Flugkörper vorbereitet werden. Damit soll einerseits die Fähigkeit der USA zu einer glaubwürdig einsetzbaren regionalen Nuklearabschreckung verbessert, andererseits aber auch auf die angebliche Verletzung des INF-Vertrages durch Russland reagiert werden. Während ein neuer landgestützter GLCM den INF-Vertrag verletzen würde, wäre dies bei einem schiffsgestützten SLCM nicht der Fall.

Im neuen Nuclear Posture Review (NPR) vom Februar 2018 heißt es zum Projekt eines Sea-launched Cruise Missile:

“In addition to this near-term step, for the longer term the United States will pursue a nuclear-armed SLCM, leveraging existing technologies to help ensure its cost effectiveness.  SLCM will provide a needed non-strategic regional presence, an assured response capability, and an INF-Treaty compliant response to Russia’s continuing Treaty violation. If Russia returns to compliance with its arms control obligations, reduces its non-strategic nuclear arsenal, and corrects its other destabilizing behaviors, the United States may reconsider the pursuit of a SLCM.

Indeed, U.S. pursuit of a SLCM may provide the necessary incentive for Russia to negotiate seriously a reduction of its non-strategic nuclear weapons, just as the prior Western deployment of intermediate-range nuclear forces in Europe led to the 1987 INF Treaty. As then Secretary of State George P. Shultz stated, “If the West did not deploy Pershing II and cruise missiles, there would be no incentive for the Soviets to negotiate seriously for nuclear weapons reductions.”

In the 2010 NPR, the United States announced the retirement of its previous nuclear-armed SLCM, which for decades had contributed to deterrence and the assurance of allies, particularly in Asia.  Given the increasing need for flexible and low-yield options to strengthen deterrence and assurance, we will immediately begin efforts to restore this capability by initiating a capabilities study leading to an Analysis of Alternatives (AoA) for the rapid development of a modern SLCM.  It will strengthen the effectiveness of the seabased nuclear deterrence force and is complementary to LRSO, but cannot substitute for it because LRSO is required to sustain an effective air leg of the triad.” (29)


- Möglich ist auch der weitere Ausbau des in Osteuropa geplanten US-Raketenabwehrsystems.

- Der Nationale Sicherheitsberater der Trump-Regierung, Generalleutnant a. D. Herbert Raymond McMaster, behauptete am 17. Februar 2018 auf der Münchner Sicherheitskonferenz frech, die Entwicklung amerikanischer Mini-Atomwaffen wäre eine Reaktion auf die russischen Verstöße gegen den INF-Vertrag, obwohl die Entwicklung der neuen US-Atombomben B-61-12 im September 2008 unabhängig von der Entwicklung des russischen Trägersystems SSC-8 begann.

NATO-Position

Die NATO selbst verfügt über kein eigenes atomares Flugkörperarsenal und ist selbst auch kein INF-Vertragspartner. Über die USA als NATO-Staat und INF-Vertragspartner wäre sie allerdings von jeder Vertragsaufkündigung direkt betroffen. Im April 2014 erklärte der damalige NATO-Oberbefehlshaber US-General Philip Mark Breedlove: „A weapon capability that violates the INF, that is introduced into the greater European land mass, is absolutely a tool that will have to be dealt with.“

Allerdings die Aufklärungsmöglichkeiten der europäischen NATO-Staaten gegenüber Russland eher begrenzt. Daher können die Europäer die von der US-Regierung übermittelten Rüstungsinformationen – wie schon in den achtziger Jahren - kaum durch eigene Aufklärungsmittel überprüfen. Blindes Vertrauen in die Angaben der eigenen Führungsmacht verbietet sich aber auch. Dies macht eine eigene Lageeinschätzung und die Entwicklung einer gegenüber der US-Regierung unabhängigen Positionierung schwierig.

Oberst Stefan C. P. Hinz von der Bundesluftwaffe, der seit drei Jahren am Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik zum INF-Vertrag forscht, beklagt, dass belastbare und überzeugende Informationen, wie z. B. Fotos oder Videos, die beweisen würden, dass Russland gegen das Abkommen verstößt, bisher nicht vorliegen. (30)

Am 12. Dezember 2017 traf der NATO-Rat folgende, vorsichtig formulierte Einschätzung zur russischen SSC-8:

“Allies have identified a Russian missile system that raises serious concerns; NATO urges Russia to address these concerns in a substantial and transparent way, and actively engage in a technical dialogue with the United States.

Allies welcome continued efforts by the United States to engage Russia in bilateral and multilateral formats, including the Special Verification Commission, to resolve concerns about Russia’s compliance with the INF Treaty. Allies emphasize that a situation whereby the United States and other parties were abiding by the treaty and Russia were not – would be a grave and urgent concern.” (31)


NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 16. Februar 2018: "We must protect the INF treaty, and we call on Russia to address the concerns of all NATO allies.” (32)

Und der deutsche Waffenhändler Sigmar Gabriel beklagte im November 2017: „Neue atomare Mittelstreckenraketen mitten in Europa, das ist leider mehr als wahrscheinlich.“ Es drohe ein „Kalter Krieg 2.0“.

Perspektiven

Die amerikanische Regierung forderte die russische Seite auf, sich an den Wortlaut, Geist und Zweck des INF-Vertrages zu halten. Aber dreißig Jahre nach seiner Ratifizierung ist die Zukunft des Vertrages ungewiss. Wie Anfang der achtziger Jahre könnte es in nächster Zeit erneut zu einer „Nachrüstungs“-Kontroverse mit Technikdebatten und der unvermeidlichen „Erbsenzählerei“ kommen.

Im November 2016 und November 2017 brachte die US-Regierung ihre Vorwürfe in der Special Verification Commission (SVC) in Genf vor. Die russische Seite wies die Vorwürfe zurück und verlangte ihrerseits eine Offenlegung der Quellen und weitere Details.

Im Dezember 2017 erwog das US-Handelsministerium Sanktionen gegen russische Unternehmen, die an der atomaren Aufrüstung im Mittelstreckenbereich (SSC-8 etc.) involviert sind. (33)

Mehrere US-Abgeordnete, Tom Cotton (Arkansas), Ron Johnson (Wisconsin) und Marco Rubio (Florida), brachten am 16. Februar 2017 das „Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty Preservation Act“ ein, dass die US-Regierung zur Gegenrüstung aufforderte. (34) Im US-Haushaltjahr 2018 wurden entsprechende Mittel zur Entwicklung von Waffensystemen zur Bekämpfung mobiler Marschflugkörper eingeplant. Der neue Nuclear Posture Review (NPR) vom Februar 2018 bildet den nuklearpolitischen Rahmen für die weiteren US-Rüstungspläne:

“Russia has sought to enable the implementation of its strategy and doctrine through a comprehensive modernization of its nuclear arsenal. Russia’s strategic nuclear modernization has increased, and will continue to increase its warhead delivery capacity, and provides Russia with the ability to rapidly expand its deployed warhead numbers.

In addition to modernizing “legacy” Soviet nuclear systems, Russia is developing and deploying new nuclear warheads and launchers. These efforts include multiple upgrades for every leg of the Russian nuclear triad of strategic bombers, sea-based missiles, and landbased missiles. (…)

Russia possesses significant advantages in its nuclear weapons production capacity and in non-strategic nuclear forces over the U.S. and allies.  It is also building a large, diverse, and modern set of non-strategic systems that are dual-capable (may be armed with nuclear or conventional weapons). These theater- and tactical-range systems are not accountable under the New START Treaty and Russia’s non-strategic nuclear weapons modernization is increasing the total number of such weapons in its arsenal, while significantly improving its delivery capabilities. This includes the production, possession, and flight testing of a ground-launched cruise missile in violation of the INF Treaty. Moscow believes these systems may provide useful options for escalation advantage. (…)

RESPONSE MEASURES:

Diplomatic Measures – The United States continues to seek a diplomatic resolution through all viable channels, including the INF’s Special Verification Commission. Allies have emphasized that a situation whereby the United States and other parties are abiding by the Treaty, and Russia were not, would be a grave and urgent concern.

Economic Measures – The United States has sanctioned Russian companies involved in the development and manufacture of Russia’s prohibited cruise missile system.

Military Measures – The United States is commencing INF Treaty-compliant research and development by reviewing military concepts and options for conventional, groundlaunched, intermediate-range missile systems.

Russia’s increased reliance on nuclear capabilities to include coercive threats, nuclear modernization programs, refusal to negotiate any limits on its non-strategic nuclear forces, and its decision to violate the INF Treaty and other commitments all clearly indicate that Russia has rebuffed repeated U.S. efforts to reduce the salience, role, and number of nuclear weapons. (…)

In this regard, Russia continues to violate a series of arms control treaties and commitments, the most significant being the INF Treaty.  In a broader context, Russia is either rejecting or avoiding its obligations and commitments under numerous agreements, including the Conventional Armed Forces in Europe Treaty, the Budapest Memorandum, the Helsinki Accords, and the Presidential Nuclear Initiatives. In addition, Russia has violated the Open Skies Treaty and is selectively implementing the politically binding Vienna Document to avoid transparency of its major military exercises. Russia has also rebuffed U.S. efforts to follow New START with another round of negotiated reductions, and to pursue reductions in non-strategic nuclear forces. (…)

Nevertheless, Moscow must understand that the United States will not forever endure Russia’s continuing non-compliance. The status quo, in which the United States continues to comply while Russia continues deployments in violation of the Treaty, is untenable.  Agreements that are violated cannot provide predictability; undermine the prospects for future arms control; and can harm U.S., allied, and partner security.  Concluding further agreements with a state in violation of multiple existing agreements would indicate a lack of consequences for its non-compliance and thereby undermine arms control broadly.” (35)


Sollten sich die Russen aus dem INF-Vertrag zurückziehen, könnte die US-Regierung im Gegenzug das geplante New-START-Abkommen aufschieben. „Womöglich gibt es dann gar keinen Rüstungskontrollvertrag mehr bei der nuklearen Abrüstung und das wäre wirklich eine fatale Entwicklung", erklärte der Friedensforscher Götz Neuneck vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) in Hamburg. (36)


Auf russischer Seite entgegnete Präsident Wladimir Putin Ende 2017, dass es den Anschein habe, „dass die Vereinigen Staaten mit einer Propaganda-Kampagne den Boden dafür bereiten, sich womöglich selbst aus dem INF-Abkommen zurückzuziehen“. (37)

Demgegenüber warnte der frühere US-Unterstaatssekretär Tom Countryman: „Wir werden zum Vertragsbruch provoziert, und werden dann unter den Folgen zu leiden haben.“ (38)


(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Kubakrise

(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Able_Archer_83

(3) https://www.heise.de/tp/features/25-Jahrestag-NATO

-Doppelbeschluss-3437663.html

(4) www.tagesschau.de/ausland/ruestung-inf-101.html

(5) www.atomwaffena-z.info/fileadmin/user_upload/pdf/INF-Vertrag.pdf

(6) www.atomwaffena-z.info/fileadmin/user_upload/pdf/INF-Vertrag.pdf

(7) www.faz.net/aktuell/politik/ausland/inf-vertrag-droht-
ein-neues-nukleares-wettruesten-15326159-p2.html

(8) www.faz.net/aktuell/politik/ausland/inf-vertrag-droht-
ein-neues-nukleares-wettruesten-15326159-p2.html

(9) www.nytimes.com/2017/03/08/us/politics/russia-inf-
missile-treaty.html

(10) www.globalsecurity.org/wmd/world/russia/ssc-8.htm

(11) www.state.gov/t/avc/rls/rpt/2017/index.htm

(12) https://de.wikipedia.org/wiki/Iskander_(Rakete)

(13) www.military-today.com/missiles/iskander.htm

(14) https://de.wikipedia.org/wiki/Iskander_(Rakete)

(15) www.spiegel.de/politik/ausland/kaliningrad-russland
-stationiert-iskander-raketen-nahe-eu-grenze-a-1115784.html

(16) www.reuters.com/article/us-russia-nato-missiles/russia
-deploys-iskander-nuclear-capable-missiles-to-kaliningrad-ria-idUSKBN1FP21Y

(17) https://sputniknews.com/videoclub/201512291032440721
-iskander-drills-video/

(18) www.armscontrolwonk.com/archive/1202268/iskanders-in-kaliningrad/

(19) www.globalsecurity.org/wmd/world/russia/iskander-k.htm

(20) www.nytimes.com/2017/03/08/us/politics/russia-inf-missile-treaty.html

(21) https://de.wikipedia.org/wiki/Iskander_(Rakete)

(22) www.globalsecurity.org/wmd/world/russia/ssc-8.htm

(23) www.faz.net/aktuell/politik/ausland/inf-vertrag-droht-
ein-neues-nukleares-wettruesten-15326159.html

(24) www.bits.de/public/unv_a/original-200118.htm

(25) www.globalsecurity.org/wmd/world/russia/ssc-8.htm

(26) www.mdr.de/heute-im-osten/raketenabwehrsystem-
usa-rumaenien-polen-100.html

(27) www.faz.net/aktuell/politik/ausland/inf-vertrag-droht-
ein-neues-nukleares-wettruesten-15326159-p2.html

(28) www.focus.de/politik/ausland/bruch-des-inf-vertrags-usa-
will-raketensystem-entwickeln-und-verstoesst-damit
gegen-abkommen-mit-russland_id_8219355.html

(29) https://media.defense.gov/2018/Feb/02/2001872886/
-1/-1/1/2018-NUCLEAR-POSTURE-REVIEW-FINAL-REPORT.PDF

(30) www.faz.net/aktuell/politik/ausland/inf-vertrag-droht
-ein-neues-nukleares-wettruesten-15326159-p2.html

(31) www.nato.int/cps/en/natohq/news_150016.htm?
selectedLocale=en

(32) www.rferl.org/a/nato-chief-russian-transparency-nuclear-treaty-inf-stoltenberg/29044335.html

(33) https://de.sputniknews.com/politik/20171209318618944
-inf-vertrag-trump-russland-sanktionen/

(34) www.gpo.gov/fdsys/pkg/BILLS-115s430is/pdf/
BILLS-115s430is.pdf

(35) https://media.defense.gov/2018/Feb/02/2001872886/
-1/-1/1/2018-NUCLEAR-POSTURE-REVIEW-FINAL-REPORT.PDF

(36) www.tagesschau.de/ausland/ruestung-inf-101.html

(37) www.tagesschau.de/ausland/ruestung-inf-101.html

(38) www.sueddeutsche.de/politik/jahre-inf-vertrag-
angst-vor-neuem-atomaren-wettruesten-1.3790109-2