Militärforschung
  Messer-Terror bei "Edeka"
 

Messer-Terror bei „Edeka“

 

Gerhard Piper

 

1. August 2017

 

Ahmad Alhaw (andere Schreibweise: Ahmed Alhaw ist Palästinenser und wurde 1991 in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geboren. Circa 2000 siedelte er um in den Gaza-Streifen, wo seine Eltern heute noch leben sollen. Später reiste er weiter nach Ägypten. Im Jahr 2009 flog er von Ägypten nach Norwegen, wo er vergeblich Arbeit suchte. Daraufhin reiste er 2011 weiter zu seinem Bruder in Schweden. Auch hier konnte er nicht Fuß fassen und versuchte es erneut in Spanien. Von dort reiste er zunächst wieder nach Norwegen und dann, im März 2015, nach Dortmund, wo er im Mai 2015 einen Asylantrag stellte. Danach fuhr er weiter nach Hamburg, wo er in einem Container-Flüchtlingsheim in Hamburg-Langenhorn (Kiwittsmoor 4a-i, Haus 4) untergebracht wurde. Pro Monat erhielt er 409 Euro Sozialhilfe. Am 3. November 2016 hatte er einen Anhörungstermin bei der Ausländerbehörde. Sein Asylantrag wurde Ende 2016 abgelehnt. Im Frühjahr 2017 wurde er zur Ausreise aufgefordert. Zwar war Ahmad Alhaw „ausreisepflichtig“, aber da seine Staatsangehörigkeit nicht bekannt war und er nur eine Geburtsurkunde aber keine Personalpapiere besaß, konnte er nicht abgeschoben werden, obwohl er sich selbst bei der palästinensischen Vertretung in Berlin um Ersatzpapiere bemühte.

 

Ahmad Alhaw soll psychisch auffällig gewesen sein, litt möglicherweise unter einer bipolaren Störung. Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte zuletzt noch angeregt, ein psychiatrisches Gutachten zu Ahmad Al-H. erstellen zu lassen. Aufgrund seines Auftretens empfehle man, ihn zur Begutachtung dem Sozialpsychiatrischen Dienst vorzustellen. Doch dazu kam es nicht mehr. (1) Außerdem soll er bis vor einem Jahr wiederholt Haschisch und Marihuana sowie Alkohol konsumiert haben. Ein Verfahren wegen Diebstahls wurde im April 2017 wegen Geringfügigkeit eingestellt.

 

Im Jahr 2016 begann er sich religiös zu radikalisieren. Er besuchte die As-Sahaba-Moschee in Hamburg-Barmbek (Fuhlsbüttler Str. 230), wo der salafistische (Hass-)Prediger „Abu Abdullah“ alias Baher Ibrahim bis 2015 auftrat. (2) Ahmad Alhaw war als radikaler „Verdachtsfall Islamismus“ behördenbekannt, wurde aber vom Landesamt für Verfassungsschutz im Januar 2017 als nicht gefährlich eingestuft. Im Frühjahr 2017 fiel er in einer Uni-Cafeteria am Dammtor auf, weiler islamistische Parolen rief. Nach eigenen Angaben soll er der palästinensischen al-Fatah nahestehen. (3)

 

Der „Spiegel“ berichtete am Tag nach dem Überfall:

 

„Nach Angaben des Verfassungsschutz Hamburg hatte eine besorgter Bekannter Ahmad A. bei der Polizei gemeldet. Er habe Veränderungen an seinem Freund bemerkt, teilte der Mann mit. Ahmad A. soll demnach verstärkt aus dem Koran zitiert und keinen Alkohol mehr getrunken haben. Der Verfassungsschutz kontaktierte den Ahmad A. daraufhin, kam jedoch zu dem Schluss, dass es sich um eine Mischform zwischen psychischer Instabilität und religiös motivierter Radikalisierung handelte. Für eine unmittelbare Gefährdung habe es keine Hinweise gegeben, sagte Voß (gemeint ist Torsten Voß, der Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes. G. P.).“ (4)

 

Am 28. Juli 2017 verübte er kurz nach 15.00 Uhr einen Messerangriff auf die Kunden der Filiale „Müller“ der „Edeka“-Supermarktkette in Hamburg-Barmbek (Fuhlsbüttler Straße 188-190). Dazu benutzt er ein Küchenmesser mit einer 20-cm-langen Klinge, dass er von einem „Tchibo“-Stand im „Edeka“-Supermarkt selbst entwendete. Er tötete er den fünfzigjährigen Mathias P. aus Neubrandenburg, der seit zwölf Jahren in Hamburg (Barmbek-Nord) wohnte. Mathias P. hatte an der Uni Wismar Elektrotechnik studiert und arbeitete als Diplomingenieur bzw. technischer Betriebswirt beim „Shell Technology Center“ in Hamburg. Sieben weitere Personen im Kassenbereich und auf der Straße wurden z. T. schwer verletzt. Bei seinem Anschlag rief er mehrfach „Allahu Akbar“. „Er hat auf fast jeden eingestochen, den er erreichen konnte," erklärte der Augenzeuge Sönke Weber, der mit anderen den Attentäter stoppen konnte. (5)

 

Kathrin Hennings, SoKo-Leiterin und Vize-Chefin des LKA, machte zum merkwürdigen Tatablauf folgende Angaben:

 

„Der Täter kam wegen Toastbrot in den Edeka – ob er dieses auch gekauft hat, ist derzeit nicht klar. Er hatte den Supermarkt verlassen, hatte einen Bus (der Linie 172 an de Haltestelle Hermann-Kauffmann-Str., G. P.) bestiegen, diesen aber gleich wieder verlassen. Wieder im Edeka riss er ein 20 Zentimeter langes Messer aus einer Verpackung und griff ohne Verwarnung einen 50 Jahre alten Mann an.“ (6)

 

Der flüchtende Täter rannte in südlicher Richtung zum U-Bahnhof Barmbek. Mehrere Straßenpassanten und Anwohner (Toufiq Arab, Jamel Chraiet, Ömer Ünlü, Mohamed Wali und Sönke Weber) wollten ihn aufhalten und bewarfen ihn mit Stühlen, einem Werbeplakat, etc.. Der Türke Ömer Ünlu kugelte sich die Schulter aus, als er den Täter an einer Bushaltestelle mit einer Stange attackierte. Die Boulevardpresse sprach anschließend von den „Helden von Barmbek“.

 

Durch einen Steinwurf wurde Ahmad Alhaw nach mehreren Minuten schließlich am Kopf getroffen und konnte überwältigt werden. Dabei gaben Polizeibeamte mehrere Warnschüsse ab. Die Ermittlungen leitet Oberstaatsanwältin Nana Frombach, die Sonderkommission wird von Kathrin Hennings geleitet. Eingeschaltet sind der polizeiliche Staatsschutz LKA 7 und die Mordkommission LKA 41.

 

Quellen:

 

(1) N.N.: Was über Hergang und Hintergründe der Tat bekannt ist, Spiegel Online, Hamburg, 29. Juli 2017, o. S., www.spiegel.de/politik/deutschland/messerattacke-in-hamburg-was-ueber-hergang-und-hintergrund-bekannt-ist-a-1160492.html

(2) Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg: „Abu Abdullah“: Salafistischer Prediger in der As-Sahaba-Moschee aktiv, Hamburg, 30. Januar 2015, o. S., www.hamburg.de/innenbehoerde/schlagzeilen/4442668/salafistischer-prediger-in-hamburg/

(3) Mascolo, Georg / Steinke, Ronen: Hamburger Messerstecher - die vielen Fragen im Fall Ahmad A., Süddeutsche Zeitung Online, München, 30. Juli 2017, o. S.,  www.sueddeutsche.de/politik/exklusiv-hamburger-messerstecher-die-vielen-fragen-im-fall-ahmad-a-1.3609798

(4) N.N.: Täter war Behörden als Islamist bekannt, Spiegel Online, Hamburg, 29. Juli 2017, o. S., www.spiegel.de/politik/deutschland/hamburg-angreifer-im-supermarkt-war-behoerden-als-islamist-bekannt-a-1160313.html
(5)
Lüdke, Steffen: „Er hat auf fast jeden eingestochen, den er erreichen konnte“, Spiegel Online, Hamburg, 29. Juli 2017, o. S., www.spiegel.de/politik/deutschland/hamburg-augenzeuge-von-messerattacke-schildert-verfolgungsjagd-a-1160295.html

(6) N.N.: Täter riss Messer aus Verpackung und griff an!, Bild Online, Berlin, 20. Juli 2017, o. S., www.bild.de/regional/hamburg/anschlag/polizei-pressekonferenz-messer-attacke-supermarkt-52698024.bild.html